BFD Welcome: Geflüchtete engagieren sich in Hamburgs Kultur und Bildung

Das Programm BFD Welcome Hamburg unterstützt die Integration der nach Deutschland geflüchteten Menschen, indem Geflüchteten die Aufnahme eines Freiwilligendienstes in Kultur- und Bildungseinrichtungen der Hansestadt ermöglicht wird. Den Zuwanderern eröffnet sich durch das freiwillige Engagement ein Weg, auf dem sie sich auch bei ungesicherter Aufenthaltsperspektive aktiv in die Gesellschaft einbringen können.

BFD Welcome, Foto: NORDMETALL Stiftung Christian Augustin
Im BFD Welcome bringen sich Geflüchtete aktiv in die Gesellschaft ein ©NORDMETALL-Stiftung, Foto: Christian Augustin

Geflüchtete und Einrichtungen werden in diesem Prozess intensiv von STADTKULTUR HAMBURG unterstützt und begleitet. Der Dachverband hat den neuen Bundesfreiwilligendienst in Hamburg im Rahmen des BFD Kultur und Bildung ins Leben gerufen. Anfang April sind die ersten Freiwilligen gestartet, inzwischen sind 12 Geflüchtete als Bundesfreiwillige im Einsatz für Hamburgs Kultur und Bildung.

Safaa Qashmar , eine 26jährige Mathematiklehrerin, hilft an der Erich Kästner Schule geflüchteten Kindern. Manche der Kinder wunderten sich zuerst, dass ihre Lehrerin noch nicht so gut Deutsch spricht. Sie ist Flüchtling, genau wie viele der Schülerinnen und Schüler auch. „Inzwischen finden sie das spannend“ erzählt Safaa Qashmar in ausgezeichnetem Englisch. „Die deutschen Kinder wollen mir helfen, ihre Sprache zu lernen. Und für die Flüchtlingskinder bin ich ein Vorbild, denn sie sehen, dass auch sie in Deutschland eine Aufgabe bekommen können, wenn sie groß sind. Sie bleiben nicht für immer Flüchtling.“

Nirmin Baraafi ist 31 und hat in Syrien im Hotel- und Veranstaltungsgewerbe gearbeitet. Im Bürgerhaus Wilhelmsburg unterstützt sie nun als Projektassistenz die Kulturprojekte mit Geflüchteten. Schon vor Aufnahme ihres eigenen Bundesfreiwilligendienstes wollte Nirmin Baraafi andere Geflüchtete über die Möglichkeiten des BFD Welcome informieren und postete darüber einen kleinen Beitrag auf einer arabischsprachigen Hamburger Facebook-Seite. Daraufhin stand das Telefon bei STADTKULTUR HAMBURG drei Tage lang kaum still. „Aus ganz Deutschland kamen Anrufe von interessierten Geflüchteten, die gerne einen Bundesfreiwilligendienst machen wollten“, berichtet Tanja Heuer, die den BFD Welcome bei STADTKULTUR koordiniert. „Das Interesse von Geflüchteten ist groß. Viele der Anfragen haben wir dann an Träger im gesamten Bundesgebiet weitergeleitet, die einen ähnlichen Freiwilligendienst anbieten.“ Hilfe erhält STADTKULTUR dabei von einem weiteren Bundesfreiwilligen: Slyman Askoor ist 26 Jahre alt und hat in Damaskus sein Chemiestudium abgeschlossen, bevor er nach Deutschland floh. Er hat in Syrien Deutsch gelernt und ist nun mit seinen Sprachkenntnissen und seiner anderen Perspektive eine wichtige Hilfe für das Team. Slyman Askoor ist auch der erste Freiwillige, der den Bundesfreiwilligendienst als Sprungbrett nutzen konnte: Er startet in wenigen Wochen ein Praktikum bei seinem Wunscharbeitgeber, einem Chemieunternehmen, und hat die Chance, dort eine Anstellung als Chemiker zu bekommen.

Die Integration der Menschen, die vor Krieg, Unterdrückung und großer Not geflohen sind, ist eine Frage von großer Bedeutung für das Zusammenleben in Deutschland und in Europa. Viele dieser Menschen – Asylbewerberinnen und -bewerber, subsidiär Schutzbedürftige und so genannte geduldete Flüchtlinge – sind von gesellschaftlicher Teilhabe weitgehend ausgeschlossen. Sie bringen aber auch Kompetenzen und Potenziale mit, neue Sichtweisen und Perspektiven, die unsere Gesellschaft und unsere Kultur stärken und bereichern können.

Der Freiwilligendienst im Rahmen des BFD Welcome kann hier echte Chancen für Zuwanderer und Einrichtungen eröffnen. Die Zuwanderer lernen die Gesellschaft und die Arbeitsbedingungen in Deutschland kennen, werden beim Spracherwerb unterstützt und qualifizieren sich für den Arbeitsmarkt. Sie werden intensiv begleitet und betreut, knüpfen Kontakte und erfahren, dass ihre Kompetenzen und Potenziale geschätzt und gebraucht werden. Sie erhalten umfassende Informationen, Unterstützung bei Behördengängen und profitieren von der regulären Krankenversicherung.

Gleichzeitig unterstützt der BFD Welcome auch Einsätze von Freiwilligen – auch ohne eigene Fluchtgeschichte – im Bereich der Geflüchtetenhilfe in der Kultur: Sehr viele Kultur- und Bildungseinrichtungen haben Angebote aufgebaut, die die aktuellen Veränderungen in der Gesellschaft mit den Mittel der Kultur begleiten und befördern. Bundesfreiwillige, deren Dienst ausdrücklich auf die Unterstützung der Arbeit mit Geflüchteten ausgerichtet ist, können hier wertvolle Unterstützung leisten. Auch sie werden im Rahmen des BFD Welcome besonders gestärkt durch intensive Betreuung, Beratung, Qualifizierung und Anerkennung.

Diese Aufgaben sind nur zu bewältigen, weil STADTKULTUR Unterstützung durch Hamburger Unternehmen und Stiftungen erhält: Die DG HYP, die Alfred Toepfer Stiftung F.V.S. und die NORDMETALL-Stiftung fördern den Aufbau des Programms BFD Welcome. Ansgar Wimmer, Vorsitzender des Vorstandes der Alfred Toepfer Stiftung F.V.S., erläutert, warum: „Der BFD Welcome ermöglicht schnell, pragmatisch und qualifiziert, was viel diskutiert worden ist: Dass Geflüchtete sich aktiv und selbstbestimmt in den Bereichen Bildung und Kultur für das Gemeinwesen engagieren, das sie aufgenommen hat und ihnen Schutz bietet. Gerne fördern wir Stadtkultur Hamburg bei der Vermittlung und Betreuung der Freiwilligen, weil so effektiv, unkompliziert und konkret in jedem Einzelfall ein Beitrag zum guten Ankommen und zur gelingenden Integration geleistet wird.“ Kirsten Wagner, Geschäftsführerin der NORDMETALL-Stiftung begründet die Unterstützung der Stiftung: „Die NORDMETALL-Stiftung fördert den BFD Welcome, weil das Programm gutes Miteinander und gesellschaftlichen Zusammenhalt stärkt: Zugewanderte lernen die Sprache, Kultur und den Arbeitsalltag in Deutschland kennen. Sie bringen ihre Potentiale und Perspektiven in die Hamburger Bildungs- und Kulturlandschaft ein und qualifizieren sich gleichzeitig für den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt. Davon profitieren alle Beteiligten.“

Der BFD Welcome und der Bundesfreiwilligendienst Kultur und Bildung

Im Rahmen des Bundesfreiwilligendienstes Welcome können sich Geflüchtete ab 23 Jahren, die eine Aufenthaltsgenehmigung bzw. in Hamburg einen Asylantrag gestellt haben, für 6 bis 18 Monate in Kultur- und Bildungsorten mit 20,5 Stunden engagieren. Sie erhalten ein Taschengeld von etwa 200 Euro monatlich und sind sozialversichert. Sie nehmen an speziellen Fortbildungs- und Sprachtrainings teil und werden während ihres Freiwilligendienstes in ihrem Orientierungsprozess von STADTKULTUR HAMBURG unterstützt und begleitet.

Am 1. Dezember 2015 hat der Bund das Programm „Bundesfreiwilligendienst mit Flüchtlingsbezug“ gestartet. Seit April 2016 bietet STADTKULTUR HAMBURG Plätze im Bundesfreiwilligendienst für Geflüchtete an. Das Programm ist auch offen für Freiwillige ohne Fluchterfahrung, die sich an der Schnittstelle von Kultur und Integration von Geflüchteten engagieren möchten. Die Geflüchteten und die Freiwilligen ohne Fluchterfahrung nehmen zusammen mit anderen Freiwilligen an einer verbindlichen Anzahl von Reflexions- und Bildungstagen teil und lernen unterschiedliche Arbeitsbereiche und Einrichtungen kennen.

Der BFD Welcome wird von STADTKULTUR HAMBURG im Rahmen des Bundesfreiwilligendienst Kultur und Bildung angeboten. STADTKULTUR HAMBURG ist Partner der Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung (BKJ), die als Zentralstelle den BFD Kultur und Bildung bundesweit koordiniert. Der Bundesfreiwilligendienst wird vom Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA) organisiert und vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) gefördert. Die DG HYP, die Alfred Toepfer Stiftung F.V.S. und die NORDMETALL-Stiftung unterstützen den Aufbau des Programms BFD Welcome.

Mehr: www.bfd-kultur-bildung-hh.de/bfd-welcome/