Hiba Waheb Mohammad macht gerade ihren Bundesfreiwilligendienst Kultur und Bildung im Kinderkulturhaus Lohbrügge. Wie jedes Jahr vor den Sommerferien wollte das Team des KIKU ein Theaterstück mit den Kindern aufführen. Als das Stück pandemiebedingt ausfallen musste, kamen sie auf eine andere Idee: Sie haben kurzerhand einen Legetrickfilm gedreht. Das stadtkultur magazin hat sie zu ihrem BFD für die September-Ausgabe interviewt.
Interview: Kristin Brüggemann
Hiba Waheb Mohammad hat in Syrien als Schauspielerin und TV-Moderatorin gearbeitet. In Deutschland hat sie zunächst bei der Deutschen Welle in der arabischsprachigen Redaktion gearbeitet. Nun macht sie einen BFD im Kinderkulturhaus Lohbrügge und setzt sich dafür ein, Kindern Zugang zum Lesen und zu Büchern zu ermöglichen.
stadtkultur magazin: Hiba, ihr habt im KIKU einen Film über Corona gedreht. Wie seid ihr auf die Idee gekommen?
Hiba Waheb Mohammad: Nach dem Lockdown hatten wir nur noch sechs Wochen Zeit für das Abschlussprojekt. Für uns stand fest, dass wir etwas Kreatives mit den Kindern machen wollten – sie waren deprimiert von der langen Zeit zu Hause. Wir dachten, lass uns einen Film darüber machen, wie wir Corona besiegen. Wir wollten ihnen das Gefühl geben, dass sie trotz Corona etwas Positives bewirken können, dass sie etwas auf die Beine stellen können.
In dem Video sieht man, wie sich ein Superwesen als Coronavirus tarnt, um Corona auszutricksen und zu täuschen. Wie ist diese Geschichte entstanden?
Ich habe dafür die Methode des kollektiven Storytellings genutzt. Das geht so: Wir haben den Kindern die allgemeine Idee vorgeschlagen, dass wir zusammen eine Geschichte erzählen, wie wir Corona besiegen. Es ging los mit „Es war einmal“ und das erste Kind setze diesen Satz fort, danach das nächste Kind mit dem nächsten Satz und so weiter. So entwickelte sich Satz für Satz eine zusammenhängende Geschichte. Dann hatten die Kinder die entscheidende Idee: Das Superwesen kann sich in viele verschiedene Formen verwandeln und so das Coronavirus täuschen. Es bekämpfte Corona mit Feuer, mit Blitzen, lässt den Virus durch Gedankenübertragung explodieren. Die kollektive Phantasie der Kinder war viel produktiver als wenn sich ein einzelner Erwachsener alleine eine Geschichte ausgedacht hätte.
Ihr habt in sechs Wochen 2500 Bilder produziert. Was hat euch motiviert, so intensiv an diesem Projekt zu arbeiten?
Unter der Woche haben wir von morgens bis abends am Film gearbeitet, an Feiertagen und am Wochenende bis in die Nacht. Das kann man übrigens daran sehen, dass einige Szenen dunkler als andere sind. Am meisten motiviert hat mich zu wissen, wie wichtig den Kindern der Film geworden ist und wie begeistert sie daran gearbeitet haben. Ich glaube, das ist das, was mich generell in meinem BFD antreibt. Ich kann hier etwas Gutes tun, einen sinnvollen Beitrag leisten.
Ins KIKU kommen Kinder aus ganz unterschiedlichen sozialen Schichten. Was war das Beste an der Zusammenarbeit mit ihnen?
Im Projekt haben Kinder teilgenommen, die in einem speziellen Förderkurs Deutsch durch Kunst und Storytelling lernen. Als sie zum ersten Mal von der Idee gehört haben, waren sie total begeistert. Sie waren sich einfach sicher, dass ihre Superwesen Corona besiegen können. Das Schönste war, dass wir auch zu den sogenannten „schwierigen“ Kindern durchgedrungen sind. Während wir mit ihnen gezeichnet haben, fingen sie an, von ihrer Familie zu erzählen, von ihren Problemen zu Hause und in der Schule.
Viele Kultureinrichtungen haben sich während des Lockdowns digitalisiert und neue digitale Formate ausprobiert. Was meinst du, worauf sollte man bei der Produktion eines Videos achten?
Wir haben ganz einfache Tools benutzt. Für das Video habe ich „Stop Motion“ genutzt. Das habe ich mir mit einem YouTube-Tutorial selber beigebracht. Den Ton haben wir mit dem Programm „Aqua Soft“ nachbearbeitet. Wir hatten so viele unerwartete Hindernisse und Probleme bei der Produktion des Films. Aber: Gebt nicht auf! Im besten Fall machen diese Hindernisse euren Film besser, weil ihr so auf neue Ideen kommt.
Hiba, du machst seit einem halben Jahr den Bundesfreiwilligendienst im KIKU. Was ist aus deiner Sicht das Beste am BFD?
Ich lebe seit drei Jahren in Deutschland. Der BFD hat mir die Chance gegeben, den Arbeitsalltag in Deutschland kennenzulernen. Im BFD habe ich entdeckt, dass ich einen guten Draht zu Kindern habe und etwas mit ihnen auf die Beine stellen kann – das war eine tolle Erfahrung für mich.